
Seekrankheit bei Kindern? Ich bin keine Kinderärztin, aber eine Mama, die schon einige Seemeilen mit Babys und kleinen Kindern gesegelt ist. Im folgenden Artikel möchte in meine persönlichen Erfahrungen zu diesem Thema teilen.
Für die, die gerne lesen, in Schriftform. Ausführlicher gerne als bei YouTube anschauen
Werden Babys und kleine Kinder überhaupt seekrank?
Werden kleine Kinder überhaupt seekrank? Das ist die Frage, die oft gestellt wird, in der Hoffnung, dass die Antwort "Nein." heißt und man sich ganz getrost auf den Weg begeben kann.
Ich finde, das ist gar nicht die entscheidende Frage. Die muss ganz anders klingen:
Haben die Kinder an Bord Spaß? Sind sie gerne mit ihren Eltern unterwegs?
Wenn man die Frage mit "Ja." beantworten kann, kann man getrost los. Denn die Seekrankheit kann jeden treffen, trotzdem sollte man auf die schöne gemeinsame Zeit beim Segeln nicht verzichten.
Meine Erfahrung:
Ich habe von keinem einjährigen Kind, das seekrank wurde, aber mehrmals von Zweijährigen.
Werden eure Kinder seekrank?
Wir werden alle ab und zu seekrank, also auch unsere Kinder. Bei ihnen ist es aber wirklich so selten der Fall, dass wir nie darüber nachgedacht haben, das Segeln aufzugeben. Ich würde sagen, bei 10 000 Seemeilen wurde der eine einmal und der andere vielleicht so dreimal seekrank. Und ehrlich: Ich war in dieser Zeit mindestens zwanzigmal seekrank. Jeder ist halt anders.

Wird mein Kind seekrank?
Wenn es einem Kind, oder einem Erwachsenen beim Autofahren schlecht wird, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass es ihm beim Segeln auch schlecht wird. So viel meine Erfahrungen.
Was soll man machen, damit die Kinder nicht seekrank werden?
Das absolut Wichtigste ist, dass man bei "angenehmen" Bedingungen losfährt. Im Idealfall steigert man sich. Erstmal fährt man wirklich bei wenig Wind und Welle, nur kurze Strecken, damit man sieht, wie es läuft. Man kann bei Flaute motoren, so dass sich die Kinder überhaupt daran gewöhnen, dass sie am Meer unterwegs sind. Je nach Wetterbedingungen.
Unsere Grenze war im ersten Jahr 15 Knoten Wind von vorne, 20 von hinten und 2 Meter Wellenhöhe.
Was soll man essen, damit man nicht seekrank wird?
Essen ist der Schlüssel zum Wohlfühlen am Bord.
Um die Seekrankheit zu vermeiden, sollte man unbedingt immer frühstücken und das jeder an Bord, damit man einfach als gutes Beispiel dient. Geregelte warme Mahlzeiten sind das Wichtigste. Wenn man sich nicht sicher ist, ob man unterwegs kochen kann, sollte man vorkochen. Wir kochen oft Gulasch-, oder Erbsensuppe. Natürlich sehr „dicke“ - sonst heißt es: „Mama, die Suppe läuft mir vom Teller weg.“
Wenn man schon Verdacht hat, dass jemand seekrank werden könnte, sollte er/sie schon beim Ablegen etwas knabbern.
Also immer genug Knabberzeug (Kekse, Chips, trockenes Obst, Gummibärchen (saure Gummibärchen),...) mitnehmen.
Sollte jemand seekrank sein, herrscht absolute Narrenfreiheit. Er darf essen und trinken, was er will. - Schokolade, Chips, Cola...

Wie merkst du, dass deine Kinder seekrank werden?
Ich weiß es sofort. Wenn die Augen meines Sohnes in die Leere blicken, wenn er angehalten hat und "nur so" schaut, weiß ich sofort, dass er gleich seekrank wird. Unsere Jungs sind sehr aktiv und ständig in Bewegung. Wenn sie anhalten, reagiere ich sofort. Schnell ablenken: "Möchtest du mit mir spielen?" Wenn ich es nicht kann, weil es mir selbst nicht gut geht, dürfen/müssen die Kinder sofort etwas anschauen. Dadurch passiert dann oft doch nichts.
Viele Familien liegen in solchem Fall im Bett und hören Hörspiele.
Wo soll man sich aufhalten?
Den Horizont anstarren - hilft nur bedingt. Seekrank wird man oft auch, wenn sich kein Land in der Nähe befindet, oder wenn das Wetter so bekloppt ist, dass man nicht im Cockpit sitzen will und kann.
In dem Fall in der Mitte des Bootes auf dem Boden sitzen, oder noch besser die Sitzkissen auf den Boden legen und sich hinlegen und keinesfalls in die vordere, oder hintere Koje gehen.
Bei uns gilt: Mama spielt bei Wellen keineswegs den bösen Wolf und die drei Schweinchen auf dem Bett in der Eignerkoje. Trotz der klaren Ansage wird die seekranke Mama ziemlich oft gefragt, ob sie die Schweinchen doch durchs Boot jagen will. Will sie definitiv nicht.
Was, wenn sich ein Kind übergeben musste?
Vor allem so tun, als ob es nicht schlimm wäre. Es ist auch nicht schlimm. So was kann jedem passieren. Schlimm ist, der Anblick, weil es doch bei Kindern oft daneben geht. Einfach dreimal durchatmen, alles nicht schlimm, räumt man später auf.
Ich frage sofort, ob das Kind was trinken will, oder essen. Trinken muss es jedenfalls. Wie gesagt - es wird alles rausgeholt, was es zum Essen und zum Trinken gibt.
Das Wichtigste ist die Dehydrierung zu vermeiden und es klingt jetzt doof, aber aus eigener Erfahrung: Die Seekrankheit fühlt sich besser an, wenn man was im Magen hat, was rausgehen kann. Nach dem Essen, oder Trinken dauert es dann gefühlt fünf Sekunden, bis man sich wieder übergeben muss. Also Eimer, oder Tüte bereithalten. Einfach weiter machen. Wieder essen und trinken.
Tipp: Wir haben diesen Tipp von unseren Freunden Andrea und Andreas bekommen: Nimm vor jeder großen Fahr jede Menge Küchenrollen mit. Man braucht sie an Bord immer, wenn man etwas schnell wegwischen muss, aber auch wenn die Sachen in den Schränken rollen und man vor lauter Geräuschen nicht schlafen kann.
Hast du darüber nachgedacht, den Kindern Medikamente gegen Seekrankheit zu geben?
Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, nachdem der Jüngere auf der Strecke von den Kanaren zu Cap Verde seekrank wurde, mich aber eindeutig dagegen entschieden, weil ich die Nebenwirkungen, u.a. lebensbedrohliche Krämpfe zu krass fand.
Meine Gründe:
1, Ich habe keine Erfahrungen mit solchen Medikamenten in der Küstennähe, oder an Land und es ist mir zu riskant, sie bei einer Ozeanüberquerung den Kindern zu geben, wenn ich meilenweit von einem Krankenhaus entfernt bin.
2, Ich kann die Seekrankheit bei meinen Kindern gut händeln. Sie ist erstmal nicht lebensgefährlich, sogar auch nicht gefährlich.
3, Im Notfall kann ich immer noch einen Kinderarzt anrufen. Wenn die Kinder dehydriert werden sollte, habe ich für solche Fälle Medikamente an Bord.
Bei mir mache ich es genauso. Ich möchte beim klaren Verstand bleiben. Ich bin unersetzbar für meine Crew und weiß, dass ich die Seekrankheit durchstehen kann - auch wenn es nicht leicht ist.
Nimmst du Medikamente gegen Seekrankheit mit?
Jedenfalls. Man sollte sich grundsätzlich vor der Fahrt mit dem Kinderarzt beraten und unbedingt Medikamente gegen Seekrankheit für Kinder (und Erwachsene) aus Deutschland mitnehmen. Es ist sehr schwer im Ausland passende Medikamente zu kaufen. Besser haben und nicht brauchen, als brauchen und nicht haben.
Also habe ich welche dabei, benutze sie aber normalerweise nicht.
Andere Familie gab ihrem vierjährigen Sohn immer vor langen Fahrten Medikamente gegen Seekranheit und es hat bei ihnen gut funktioniert. Jedem das Seine.

Wie reagieren Kinder auf Seekrankheit?
Als wir, ich, mein Mann und ein Sohn, das erste Mal seekrank wurden, sagte der andere Sohn: "Warum macht ihr das? Das ist total eklig." So viel dazu. Wir haben es nicht freiwillig getan.
Als er in ein paar Monaten selbst seekrank wurde, sagte er: "Ich weiß nicht, was ihr habt. Ich habe bloß was Schlechtes gegessen."
Mag es witzig klingen, aber es zeigt eindeutig: Seekrank zu sein, oder nicht, wird schnell zu einem „Prestige“ - Thema.
Der andere Sohn fragt dann traurig: "Warum werde ich seekrank und er nicht?"
Es ist völlig klar und muss klar gemacht werden: Jeder kann seekrank werden. Du bist trotzdem ein guter Seemann und Segler. Es ist nicht schlimm, wenn du seekrank wirst. Es ist normal.
Was ist das Schlimmste für die Eltern?
Eindeutig - das schlechte Gewissen. "Man hat ja das Kind mitgenommen und in diese Lage gebracht," das hat mir eine Mutter aus England gesagt. Da sollte man "vernünftig" bleiben, es ist nur eine blöde Situation, man hat doch schon so viel Schönes beim Segeln erlebt - leichter gesagt als getan.
Das Wichtigste?
- positiv bleiben